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Urteil Obergericht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2002 7: Obergericht

In dem Gerichtsfall ging es um die Frage, ob von der Vormundschaftsbehörde genehmigte Unterhaltsverträge als definitive oder provisorische Rechtsöffnungstitel gelten. Es wurde festgestellt, dass solche Verträge nur provisorische Rechtsöffnung ermöglichen, da die Vormundschaftsbehörde keine gerichtliche Instanz ist. Dies wurde in einem Entscheid des Obergerichts, 4. Zivilkammer, vom 31. Juli 2002 in der Klage von E. A. gegen R. B. klargestellt. Die Richter entschieden, dass vormundschaftlich genehmigte Unterhaltsverträge nur provisorische Rechtsöffnung ermöglichen, basierend auf dem Wortlaut von Art. 80 Abs. 2 SchKG. Der Betrag der Gerichtskosten betrug 49 CHF.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2002 7

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2002 7
Instanz:Obergericht
Abteilung:Handelsgericht
Obergericht Entscheid AGVE 2002 7 vom 31.07.2002 (AG)
Datum:31.07.2002
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2002 7 S.49 2002 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht 49 II. Schuldbetreibungs- und Konkursrecht 7 Art. 80 ff. SchKG....
Schlagwörter : Recht; Rechtsöffnung; SchKG; Unterhaltsverträge; Entscheid; Genehmigung; Vormundschaftsbehörde; Schuldbetreibung; Konkurs; Urteil; Schuldbetreibungs; Konkursrecht; Rechtsöffnungstitel; Unterhaltsvertrag; Kommentar; Wortlaut; Urteilen; Rechtsöffnungsbegehren; Betreibung; Forderung; Richter; Daniel; Staehelin; Praxis; Obergericht/Handelsgericht
Rechtsnorm:Art. 287 ZGB ;Art. 289 ZGB ;Art. 80 KG ;Art. 84 KG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Art. 84 SchKG, 1998
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2002 7

2002 Schuldbetreibungsund Konkursrecht 49

II. Schuldbetreibungsund Konkursrecht

7 Art. 80 ff. SchKG. Von der Vormundschaftsbehörde genehmigte Unterhaltsverträge als Rechtsöffnungstitel. Anders als im Falle richterlich genehmigter Unter- haltsverträge kann gestützt auf von der Vormundschaftsbehörde geneh- migte Unterhaltsverträge nicht definitive, sondern bloss provisorische Rechtsöffnung erteilt werden.
Aus dem Entscheid des Obergerichts, 4. Zivilkammer, vom 31. Juli 2002 in
Sachen E. A. gegen R. B.
Aus den Erwägungen
1. a) Die Klägerin hat in ihrem Rechtsöffnungsbegehren bean-
tragt es sei ihr für die in Betreibung gesetzte Forderung provisorische
Rechtsöffnung zu gewähren. Sie stützt ihr Rechtsöffnungsbegehren
auf einen von der zuständigen Vormundschaftsbehörde genehmigten
Unterhaltsvertrag. Da der Richter jedoch das Recht von Amtes we-
gen anzuwenden hat, hat er unabhängig eines allfälligen entsprechen-
den Antrags darüber zu befinden, ob definitive provisorische
Rechtsöffnung zu gewähren ist (Daniel Staehelin, Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel/Genf/Mün-
chen 1998, N 38 zu Art. 84 SchKG).
b) Lehre und Praxis sind in ihren Meinungen geteilt, ob für vor-
mundschaftsbehördlich genehmigte Unterhaltsverträge definitive
oder provisorische Rechtsöffnung zu erteilen sei. Daniel Staehelin
führt im genannten Kommentar dazu aus, sie berechtigten dann zur
definitiven Rechtsöffnung, wenn sie gerichtlich genehmigt worden
seien, jedoch nur zur provisorischen, wenn sie lediglich von der Vor-
mundschaftsbehörde genehmigt worden seien, da diese keine gericht-
liche Instanz sei (a.a.O., N 24 zu Art. 80 SchKG). Er zitiert darin
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auch die gleichlautende Rechtsprechung in den Kantonen Thurgau,
Graubünden, St. Gallen und Genf. In einem ausführlichen Entscheid
hat sich auch der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Be-
zirksgerichts Zürich für die Erteilung der bloss provisorischen
Rechtsöffnung ausgesprochen (SJZ 95 [1999] S. 98 ff.). Er weist da-
rin auf den Wortlaut von Art. 80 SchKG hin, welcher diesen Sachver-
halt nicht erfasse. Zudem erachtet er es als angemessen, dass gegen
einen die Rechtsöffnung gewährenden Entscheid die Aberken-
nungsklage offen stehe, da es für den Schuldner beispielsweise
schwer sei, bei einer nachträglichen Bestreitung der Vaterschaft den
Urkundenbeweis erbringen zu können. Es wäre unbefriedigend,
wenn er bei Gewährung der definitiven Rechtsöffnung - diesbezüg-
lich betreffend Willensmängel Schulderlass auf die Aufhe-
bungsklage bzw. die negative Feststellungsklage gemäss Art. 85 resp.
85a SchKG zu verweisen wäre. Schliesslich sprächen auch prak-
tische Gründe gegen die Erteilung definitiver Rechtsöffnung: Vie-
lerorts würden den Genehmigungsentscheiden keine Rechtsmit-
telbelehrungen angefügt und zudem müsste der Nachweis der Voll-
streckbarkeit mittels Rechtskraftbescheinigung erbracht werden. In
der Praxis werde dem Richter jedoch meist nur ein unterzeichneter
Unterhaltsvertrag mit einem Genehmigungsvermerk vorgelegt.
Die gegenteilige Auffassung, dass definitive Rechtsöffnung zu
gewähren sei, vertreten Hegnauer (Berner Kommentar, Bern 1997,
N 48 zu Art. 289 ZGB) und Stettler (Schweizerisches Privatrecht,
Band III/2, Basel/Frankfurt am Main 1992, S. 372 ff.). Hegnauer er-
achtet dies aufgrund der bundesrechtlichen Gleichstellungsbestim-
mung von Art. 287 Abs. 1 und 3 ZGB und des Haager Unterhalts-
vollstreckungsübereinkommens von 1973 als zwingend. Für Stettler
ist wesentlich, dass die Genehmigungspflicht für Unterhaltsverträge
mehr als eine Formvorschrift bedeute. Die Unterhaltsverträge bilde-
ten eine echte Alternative zur Unterhaltsklage und entsprächen inso-
fern einem Urteil. Halte man sich die Anforderungen an die Geneh-
migung vor Augen, erscheine es als fragwürdig, den Rechtsweg der
Aberkennungsklage einem Schuldner zu eröffnen, der sich auf die
Vereinbarung eingelassen habe, um einer Unterhaltsklage zu entge-
hen. Die Vormundschaftsbehörde genehmige die Verträge erst nach
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einer Prüfung ihrer Angemessenheit. Im Übrigen könnte das Fehlen
eines Kindsverhältnisses durchaus als Einrede im Sinne von Art. 81
Abs. 1 SchKG geltend gemacht werden. Bezüglich der Anfechtung
der Beitragshöhe sei entscheidend, dass der Unterhaltspflichtige mit
der Einwilligung in den Vertrag darauf verzichte, den Beitrag ge-
richtlich festsetzen zu lassen. Daher solle er ebenso wie das Kind die
vereinbarten Beiträge nur unter der Voraussetzung veränderter Ver-
hältnisse wieder in Frage stellen können. Wenn schliesslich gerichtli-
che, nicht aber vormundschaftlich genehmigte Unterhaltsverträge als
definitive Rechtsöffnungstitel anerkannt würden, ergäbe dies eine
nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, da Art. 287 ZGB die bei-
den Genehmigungen einander gleichstelle.
Den erstgenannten Auffassungen ist zu folgen. Die von der Vor-
mundschaftsbehörde genehmigten Unterhaltsverträge werden vom
Wortlaut von Art. 80 Abs. 2 SchKG nicht erfasst. Den gerichtlichen
Urteilen sind lediglich gerichtliche Vergleiche und Schuldanerken-
nungen, auf Geldzahlung Sicherheitsleistungen gerichtete Ver-
fügungen und Entscheide von Verwaltungsbehörden des Bundes und
innerhalb des Kantonsgebiets Verfügungen und Entscheide kantona-
ler Verwaltungsbehörden über öffentlich-rechtliche Verpflichtungen,
soweit das kantonale Recht die Gleichstellung vorsieht, gleichge-
stellt, obschon die Problematik bei der kürzlich erfolgten Revision
des SchKG bekannt war. Es geht deshalb nicht an, gegen den klaren
Wortlaut des Gesetzes vormundschaftlich genehmigte Unterhaltsver-
träge gerichtlichen Urteilen gleichzustellen und als definitive Rechts-
öffnungstitel zu behandeln. Im Unterschied zu den Gerichten und
den im Gesetz genannten Behörden, deren Verfügungen und Ent-
scheide gerichtlichen Urteilen gleichgestellt werden, kommt der Vor-
mundschaftsbehörde bei der Genehmigung der Unterhaltsverträge
keine materielle Entscheidungsbefugnis zu. Die Genehmigung soll
lediglich nachteilige Regelungen zu Lasten des Kindes verhindern.
Gestützt auf solche vormundschaftlich genehmigten Unterhaltsver-
träge ist deshalb bloss provisorische Rechtsöffnung zu erteilen (so
auch Peter Stücheli, Die Rechtsöffnung, Zürich 2000, S. 259 f.).
c) Für die in Betreibung gesetzte Forderung liegt somit ein vor-
mundschaftlich genehmigter Unterhaltsvertrag zugrunde, der einen
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gültigen provisorischen Rechtsöffnungstitel bildet (Art. 82 Abs. 1
SchKG).

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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